Informationen zum Schulhund

Hunde in Schulen beeinflussen das Sozialverhalten von SchülerInnen positiv, insbesondere auffälliges Verhalten. Das Streicheln eines Hundes führt nachweislich zur Stressreduktion und Kreislaufstabilisierung. Schon durch die reine Anwesenheit eines Hundes verbessert sich das Klassenklima, wodurch eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit erzielt werden kann. Fachlich ausgebildete „Schulhunde-Lehrkraft-Teams“ bringen Abwechslung in den Unterricht und sorgen für stressreduziertes Lernen.

 

Tiergestützte Pädagogik

Der Mensch scheint instinktiv den Kontakt zu einem Lebewesen zu suchen, welches allein durch sein Dasein auf ihn beruhigend, versöhnlich wirkt. (Otterstedt, 2001)

Unter tiergestützter Pädagogik versteht man den systematischen Einsatz von ausgebildeten Tieren und Fachkräften im pädagogischen Umfeld, wie z.B. in der Schule. Der Einsatz von Tieren in unterschiedlichen sozialen, pädagogischen und therapeutischen Arbeitsfeldern ist in vielen Ländern wie beispielsweise in den USA oder in der Schweiz bereits gängige Praxis und etabliert sich zunehmend auch in Österreich und Deutschland. Die Ziele des Einsatzes fokussieren sich dabei auf Verbesserungen im erzieherischen und/oder bildungsbasierten Bereich, z.B. Verbesserung der Lernatmosphäre und somit des Klassenklimas, Förderung individueller Leistungsfähigkeit für einzelne Schülerinnen und Schüler oder Verbesserung der Schüler-Lehrer-Beziehung.

Beliebt ist der Einsatz eines Hundes im pädagogischen Bereich (hundegestützte Pädagogik). Er unterstützt die Lehrperson bei deren Erziehungs- und Bildungsauftrag. Der Umfang und die Art des Einsatzes eines Hundes im Unterricht variiert dabei von einer reinen Anwesenheit des Hundes bis hin zur aktiven Teilnahme des Tieres am Unterrichtsgeschehen. Grundsätzlich wird zwischen einem „Präsenzhund“ und einem „Besuchshund“ unterschieden:

  • Präsenzhund: regelmäßige (oft nur reine) Anwesenheit des Hundes im Unterricht.
  • Schulbesuchshund: gezielter stundenweiser Einsatz eines Hundes in einer (fremden) Klasse. Ziel eines Schulbesuchshundes kann dabei eine konkrete Wissensvermittlung z.B. in Bezug auf Umgang, Haltung und Pflege eines Hundes sein, es kann aber auch die Verbesserung des Klassenklimas das Vordergrundziel des Einsatzes sein.

Wirkungseffekte von Tieren in pädagogischen Einsätzen

Wir sind so gern in der Natur, weil sie kein Urteil über uns hat.  (Olbrich, 2003)
 

Im Unterschied zum Mensch urteilt ein Hund nicht. Tiere verfügen nicht über die menschlichen Fähigkeiten des Abstrahierens und Verallgemeinerns. Die Beurteilung eines anderen Lebewesens aufgrund von sozialen üblichen, normierten Kriterien wie Äußerlichkeiten oder Statur ist einem Tier fremd. Für ein Tier ist es also völlig irrelevant, ob ein Mensch hübsch oder hässlich, klug oder dümmer, ärmer oder reicher ist. Tiere nehmen jeden Menschen so an, wie er ist. Durch diese bedingungslose Annahme kann sich zwischen Mensch und Tier eine Bindung aufbauen, wie sie zwischen Menschen untereinander kaum möglich ist. Dieser Umstand wird auch „Aschenputtel-Effekt“ genannt.

Erhard Olbrich bezeichnet das Lernen mit Tieren als „besondere Form des sozialen Lernens“. Hunde reagieren unmittelbar und ehrlich auf Handlungen eines Menschen. Behandelt man einen Hund grob und unsanft, wird er zurückweichen und sich von der Person abwenden. Wird ein Hund artgerecht und respektvoll behandelt, wendet er sich dem Menschen zu und gibt durch Körpersprache, wie z.B. dem Schwanzwedeln, der Person ein Zeichen seiner Freude und Zuneigung. Diese Zeichen lösen bei einem Menschen wiederum positive Gefühle aus.

Untenstehende Auflistung zeigt Beispiele auf, welch positive Effekte der Kontakt zu einem Hund (z.B. in Form von Streicheln) bei einem Menschen auslösen kann:

  • Reduktion von Stress (Herzfrequenz, Blutdruck, Stresshormon Kortisol, Muskelanspannung nimmt ab).
  • Gesteigerte Ausschüttung des Hormons Oxytocin („Vertrauens- oder Bindungshormon“).
  • Gesteigertes Vertrauen gegenüber dem Hundeführer (Lehrperson, ErzieherIn)
  • Ein ruhiger, dösender Hund im Klassenzimmer führt zu mehr Entspannung und Ruhe im Klassenzimmer.
  • Die Anwesenheit eines Hundes führt zu mehr Sprachgebrauch bei Autismus.
  • Erhöhung der Empathiefähigkeit: Aggressionen, Depressionen und Angst werden reduziert.

Wissenschaftliche Ergebnisse

Interessant ist auch die Betrachtung des Themas aus wissenschaftlicher Sicht. Monika Vernooij et al. präsentierten einen interessanten Überblick über Ergebnisse aus folgenden Bereichskategorien: Wirkungen im biologisch-physischen Bereich, im sozialen und emotionalen Bereich sowie im Bereich der Kognition und Sprache. Die folgenden Tabellen sind aus dem Buch „Handbuch der Tiergestützten Intervention“ von Monika Vernooij et al. entnommen:

Biologisch-physischer Bereich
Autor/Jahr Ergebnisse
– Katcher (1980, 1981)
– Friedmann et al. (1983)
– Baun et al. (1984)
– cardiovasculäre Veränderungen, z.B. blutdrucksenkende Wirkung beim Streicheln des Hundes
– Kreislaufstabilisierung
– Stressreduzierung, Adrenalinreduktion
– Katcher (1980) Tiere als Gesundheitsförderer:
– Einsamkeitsreduzierung
– Pflegeobjekt (Aktivität und Gebrauchtwerden des Menschen)
– Kontakt- und Berührungsobjekt
– Bewegungsmotor für den Menschen
– Emotions- und Aufmerksamkeitsobjekt
– Sicherheitsgarant (Wachhund)
Sozialer/emotionaler Bereich
Autor/Jahr Ergebnisse
– Levinson (1962, 1968, 1969, 1972, 1975)
– Corson (1975, 1977, 1979)
– Salmon (1982)
– Katalysatorfunktion für zwischenmenschliche Kommunikation und Interaktion
– „Kontaktanbahner“ insbesondere bei kontaktgestörten und isolierten Personen
– positiv atmosphärische Wirkung
– Lee 1978 Therapieprogramm für „geistig abnorme Rechtsbrecher“:
– Verringerung von gewalttätigen Vorfällen
– Reduzierung der Suizidgefährdung
– Abnahme von Medikationsintensität
– Mugford, M’Comisky (1975)
– Robb(1983)
– Odendaal (2000)
– Verbesserung der psychischen Befindlichkeit
– Stimmungsverbesserung
– Verbesserung des allgemeinen und sozialen Wohlbefindens
– McCulloch (1981)
– Hendy (1983)
– Lukina (1999)
– Breitenbach et al. (2006)
– Überwindung von Einsamkeit und sozialer Isolation
– Anregungsfunktion für Humor, Freude und Spiel im Leben
– kurzzeitige Erhöhung der sozial-emotionalen Kompetenz bei Kindern mit unterschiedlichen Behinderungen (Autismus, geistige und körperliche Behinderungen)
Bereich Kognition und Sprache
Autor/Jahr Ergebnisse
– Hendy (1984)
– Limond et al. (1997)
– Erhöhtes Interesse an der Umwelt
– Steigerung der Aufmerksamkeit(-spanne)
– Smith (1984)
– Nathanson (1989, 1998)
– Kupper-Heilmann (1998)
– Kohn, Orter (2004)
– Breitenbach et al. (2006)
– Erhöhte Kontaktbereitschaft mit anderen Lebewesen
– Erleichterung der Kontaktaufnahme durch das Tier
– Verbesserung der verbalen Kommunikationsfähigkeit

Der Hund in der Schule ☀

Auffälliges Verhalten seitens der SchülerInnen kann aus Ängsten, Unter- bzw. Überforderung sowie Unmotiviertheit entstehen. Verstärkt werden können diese Symptome durch Leistungsdruck, der u.a. seitens der Schule in Form von Leistungsbeurteilung auf die SchülerInnen ausgeübt wird. Ein zusätzliches Spannungsfeld kann auch das Einfügen in eine Schulklasse sein. Es gleicht manchmal einem Balanceakt, bei dem die Akzeptanz durch den Freundeskreis für SchüerInnen an erster Stelle steht.

Durch den Einsatz von Hunden im Unterricht kann auf vielfältig wirksame Art und Weise eine Erleichterung des Schulalltags erfolgen. Allein die bloße Präsenz eines Hundes im Klassenzimmer hat eine stressreduzierende Wirkung und verbessert dadurch die Lernatmosphäre. Ein stressfreieres Unterrichtsklima führt sowohl bei Lehrkräften als auch bei SchülerInnen zu einer höheren Zufriedenheit und kann somit zur Steigerung des Lernerfolges beitragen.

Voraussetzungen für den Einsatz eines Hundes im Unterricht

Grundvoraussetzung für den Einsatz eines Hundes im Unterricht ist eine facheinschlägige Ausbildung des Hundeführers (Lehrperson, ErzieherIn), Grundgehorsam des Hundes sowie eine entsprechende Vorbereitung des Hundes auf den Einsatz im Schulunterricht, welche oftmals mit der Ausbildung des Hundeführers einhergeht (Teamausbildung). Die Lehrperson sollte Kenntnisse über folgende Inhalte vorweisen können:

» Theoretische Ausbildung – allgemein

  • wissenschaftliche Grundlagen der Mensch-Tier-Beziehung sowie Theorien und Studien, die sich auf diese Beziehung fokussieren
  • Grundlagen zur tiergestützten Pädagogik und Therapie
  • Übungen und Techniken zur Förderung von Kompetenzen sowie Vermittlung des Unterrichtsstoffes, in denen der Hund zum Einsatz kommt
  • Einsatz des Hundes je nach Schulform, Klassenform, besonderen Bedürfnissen der SchülerInnen
  • rechtliche Rahmenbedingungen und versicherungstechnische Grundlagen
  • Organisation und Dokumentation eines Schulhund Projektes hinsichtlich schulischer Rahmenbedingungen und den Umgang mit Direktion, KollegInnen, Reinigungspersonal, Vorgesetzten, Eltern und SchülerInnen

» Theoretische Ausbildung – hundespezifisch

  • Einsätze des Hundes abhängig vom Charakter und Veranlagung des Tieres
  • verhaltensbiologische Grundlagen zum Thema Hund
  • Deutung der Körpersprache eines Hundes (Stress, Angst und Aggression)
  • Kenntnisse in Mensch-Hund-Kommunikation
  • Grundlagen des Lernens bei Hunden sowie entsprechende Trainingsmethoden
  • gezielte Gewöhnungsprozesse an das schulische Umfeld
  • Schutz- und Stressmanagement bei Hunden
  • Grundlagen Tierschutz und Ethik
  • Kenntnisse zum Thema Hygiene und Gesundheitsbestimmungen

» Praktische Ausbildung mit dem Hund

  • Gefestigte Beziehung zwischen Hundeführer und Hund
  • Grundgehorsam
  • Gewöhnung an schulrelevante Reize wie z.B. Lärm, Pausenglocke, verschiedene Bodenbeläge, Auffälligkeiten von zu betreuenden SchülerInnen (z.B. Angstverhalten, Hyperaktivität, motorische Schwierigkeiten, Gehhilfen, Rollstuhl, etc.)
  • Ausgleichsbeschäftigung für den Hund zum Einsatz
  • Erkennen von Stresssignalen beim eigenen Hund
  • Vorbereitung des Hundes u.a. durch Nachahmung von Schulsituationen und das Einüben adequater Reaktionen
  • Förderung der Anlagen des Hundes, die im Schuleinsatz genutzt werden können (Erlernen von Tricks etc.)

Um einen entsprechend ausgebildeten Hund in einen öffentlichen Bereich (wie z.B. in die Schule) mitnehmen zu können, sind die Zustimmung und Unterstützung der Direktion, des Lehrkörpers und des Reinigungspersonals nötig. Bevor ein Hund das Klassenzimmer betreten darf, ist außerdem eine schriftliche Zustimmung aller Erziehungsberechtigten notwendig. Sowohl Eltern als auch Schülerinnen und Schüler müssen über das Projekt „Einsatz eines Hundes im Unterricht“ genau informiert werden. Abhängig vom Alter der SchülerInnen ist eine entsprechende Einführung in die Grundlagen des richtigen Umgangs mit einen Hund ebenfalls Voraussetzung, bevor ein Hund die Klasse betritt.

Für Interessierte, die sich weiter in die Materie einlesen wollen: Weiterführende Literatur

 

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